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Dokumentation

„In jedem Menschen scheint Gottes Antlitz auf“

Predigt von Weihbischof em. Ulrich Boom bei der Pontifikalmesse für Gold- und Diamant-Ehejubilare am Donnerstag, 4. Juli 2024, im Würzburger Kiliansdom

Auf dem grünen Rasen gibt es in diesen Wochen viele Stars, Sterne am Fußballhimmel: von Kylian Mbappé bis Jamal Musiala, von Toni Kroos bis Harry Kane, ja es sind hunderte von Sternen, die da aufleuchten. Auch hier im Dom sind hunderte von Sternen, die aufleuchten am Himmel des Alltags mit ihrer Treue und ihrem Vertrauen in über 50, 60, 65 und mehr gemeinsamen Lebensjahren. Für Ihr Leben gilt, was in dem Erkennungslied zur EM 2024 im Fernsehen immer eingespielt wird „Glaubst du an mich? Ich glaub an dich. Will, dass es für immer ist. Glaubst du an mich? Ich glaub an dich.“ (Lied von Provinz). Auch in Ihrem Leben gab es Fouls, verspielte Pässe, verlorene Chancen, vielleicht gab es auch einige Eigentore. Es gab aber auch das gute Zusammenspiel, dass Sie sich die Bälle zugespielt haben, oder es wenigstens versuchten, im Spiel des Lebens alles zu geben im Grau des Alltags. In diesem Sinn sind Sie wahrlich Stars. Wir kennen in unserer Sprache das schöne Wort, wenn uns ein Mensch ganz besonders wertvoll ist und wir ihn sehr liebhaben: „Du bist mein Augenstern.“ Vielleicht geht uns ein solches Wort im Blick auf einen Menschen nicht so leicht über die Lippen, aber in Gedanken ist er gewiss da, wenn wir spüren, da ist eine oder einer, die oder der macht alle Stunden meines Lebens hell. Ich kann mich auf diesen Menschen voll verlassen, mich blindlings in seine Arme werfen und im Dunkel des Lebens von ihm führen lassen. „Du bist mein Augenstern.“

Der Augenstern ist die Pupille, die Mitte unseres Auges. Wir sagen, dass in der Pupille, im Augenstern, sich nicht nur das Gegenüber spiegelt, sondern dass wir durch sie in die Tiefe der Seele des Anderen schauen, seine Hoffnungen und Freuden, seine Trauer und Angst sehen können. Wir wissen alle, dass auch bei einer noch so großen Liebe nicht alles einfach gut ist, aber wir ahnen, spüren und haben eine große Gewissheit, dass letzten Endes alles gut wird, dass nichts umsonst war und dass Scheitern nicht das letzte Wort ist. Wer mit Liebe in die Tiefe eines Menschen schaut, sieht zuerst das Gute, das Wertvolle. „Ich hab‘ dich lieb, du bist mein Augenstern.“ Vor diesem Hintergrund können Menschen sich einander zusagen: „Ich nehme dich an, verspreche dir die Treue in guten und in bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet. Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens.“ Gleich werden Sie in Erinnerung an Ihr Versprechen vor 50, 60, 65 und mehr Jahren diesen Zuspruch einander geben. Sie könnten auch kurz und bündig sagen: „Du bist mein Augenstern“, wenn sie einander die Hände geben.

Wir haben in diesem Jahr und über die Kilianiwoche 2024 als Leitmotiv das Wort: „Wir haben seinen Stern aufgehen sehen.“ (Mt 2,2) Wir lesen es in der weihnachtlichen Erzählung von der Suche des Menschen nach Sinn, Halt und Orientierung. Die Sterndeuter finden das in dem Kind in Betlehem, eben nicht in Jerusalem, da wo die Macht und das Wissen vorherrschen, sondern im Stall oder in der Höhle, im Alltag, in den Sorgen und Nöten des Lebens. Ein Stern leuchtet in der Nacht, sichtbar wird er da, wo es dunkel wird. Es ist ein treffendes Bild für Christus, der unser ganzes Leben hell machen will, der unserem Leben Sinn, Halt und Orientierung schenkt.

Sie dürfen diese Deutung vom Stern auf Ihre Partnerin, Ihren Partner, Ihren Augenstern übertragen. Bei allen Herausforderungen und Unsicherheiten, die es auf Ihrem gemeinsamen Lebensweg über die vielen Jahrzehnte gewiss gab und gibt, haben Sie einander, Ihrer Familie und den Menschen in Ihrer Umgebung auch immer wieder das gegeben, was ein Stern schenkt: Sinn, Halt und Orientierung.

Wir dürfen in den Menschen, die mit uns durchs Leben gehen, und erst recht die, die uns ganz nah sind, Christus sehen. In jedem Menschen scheint Gottes Antlitz auf. Er hat sich uns am Eindringlichsten gezeigt in Jesus von Nazareth. Wie beim Augenstern schauen wir in Gottes Tiefe und sein Inneres mit seiner unendlichen Liebe und Barmherzigkeit.

Ich wünsche Ihnen, wenn Sie heute und in diesem Jahr auf Ihren gemeinsamen Weg schauen, dass Sie immer wieder Christus sehen, den Augenstern Gottes, mit seinem liebenden Blick für unser Leben, wie es nun einmal ist und daherkommt. Ich wünsche Ihnen aber auch, dass Sie füreinander und für viele Menschen ein Stern sind, von dem gesagt wird: Wir haben diesen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um zu schauen, wie ein Leben gelingen kann. Amen.