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Für die Missionsarbeit die Staatsangehörigkeit geopfert

Würzburg/Haßfurt/Eshowe (POW) Ein großer Holzkoffer mit wenigen persönlichen Sachen, einem dicken Federbett für den Winter, ein paar medizinischen Instrumenten und Spritzen – das war alles, was die Oberzeller Franziskanerin Schwester Urbana Reinwand 1952 auf ihre Reise nach Südafrika mitgenommen hatte. Erst 50 Jahre später ging diese Reise für sie zu Ende. Die 88-jährige Ordensfrau, die aus Augsfeld im Landkreis Haßberge stammt, lebt heute auf eigenen Wunsch im Mutterhaus in Oberzell. Sie wollte wegen ihres Alters nicht mehr in der Mission bleiben. „Die haben da unten so viel Arbeit, die brauchen gesunde Leut’“, begründet sie ihre Rückkehr. Seit Sommer ist sie wieder in Deutschland. Den 50. Geburtstag des südafrikanischen Ablegers der Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu, wie ihre Ordensgemeinschaft offiziell heißt, wird sie nur vom kalten Deutschland aus mitfeiern.
 
Eigentlich sind die Franziskanerinnen kein Missionsorden. Auslöser für ihr Engagement in Südafrika war der benediktinische Missionsbischof Aurelian Bilgeri. Er sah viel Arbeit auf sich und die bereits in Afrika stationierten Benediktinerinnen zukommen. Deshalb forderte er Hilfe aus Oberzell an. Die kam prompt in Gestalt vierer junger Nonnen. Ein Dreivierteljahr hatten sie sich mit Sprach- und Landeskunde-Kursen vorbereitet, bevor Bischof Julius Döpfner die Oberzeller Franziskanerinnen am 1. November 1952 in die Mission aussandte.
 
Über Sankt Ottilien und München fuhren sie zunächst per Zug nach Venedig, von wo aus das Schiff „Afrika“ die Schwestern durch Adria, Mittelmeer, Suezkanal, Rotes Meer und Indischen Ozean in die Hafenstadt Durban schipperte. Die Krankenschwester Urbana, Erzieherin Schwester Daria Heppt, die Handarbeitslehrerin Schwester Cäcilia Mergenthaler und die Köchin Schwester Godefrieda Miller trafen am 28. November in Afrika ein. Sie waren Mitschwester Alberta Fasel gefolgt, die heute ebenfalls wieder in Oberzell lebt. Die Lehrerin war bereits 1951 zur Stippvisite geschickt worden. Sie war gleich geblieben, um Boden für die Nachhut zu bereiten, Sprache und Leute kennen zu lernen. Kaum in Südafrika angekommen, mussten die Würzburgerinnen die fremde Staatsbürgerschaft annehmen und erhielten neue Pässe. In der Diözese und Bischofsstadt Eshowe schlugen die fünf Ordensfrauen ihr erstes Domizil auf einer ehemaligen Farm auf, dem Bischofshaus.
 
„Viel war nicht da, vom Haus gerade die Grundmauern“, erinnert sich die Heimkehrerin. „Wir haben erst den Garten bebaut. Vor allem Bananenstauden und Pineapple-Pflanzen haben wir gesetzt. Wie sagt ihr zu denen?“, fragt sie ihre jüngere Mitschwester Teresa Weimert, die ihr beim Nachmittagskaffee Gesellschaft leistet. „Bei uns heißen sie Ananas.“ Nach 50 Jahren ist Schwester Urbanas Deutsch ein wenig eingerostet.
 
Ganz und gar nicht schwerfällig gingen die Schwestern in Afrika ans Werk. „Ich fühlte mich sofort wie daheim“, berichtet die Ordensfrau. Dennoch hätten sie sich anfangs schwer getan. Im heutigen KwaZulu Natal (früher Zululand) gründeten sie die erste Niederlassung und gaben ihrem Konvent den Namen „Holy Childhood Convent“. Erste Kontakte zu den Einheimischen entstanden bei den Sonntagsgottesdiensten, zu denen die katholischen Familien kamen. Für weiße Farmerkinder eröffneten die Franziskanerinnen 1953 einen Kindergarten und eine Schule, der später ein Internat für Mädchen und Jungen angeschlossen wurde. Farbigen Kindern war Ausbildung zu Zeiten der Apartheid untersagt. Trotz bestehender Rassengesetze wurden die Einrichtungen 1977 für Kinder aller Hautfarben geöffnet. Heute arbeiten dort 15 Franziskanerinnen, die sich um die Jugendlichen kümmern.
 
Die Region Sankt Clara, wie die südafrikanische Klosterenklave genannt wird, ist auf insgesamt drei Konvente angewachsen: In Mbongolwane, dem heutigen Regionalsitz, leben und arbeiten derzeit zehn Schwestern. Sie kümmern sich um ein Kinderheim, einen Kindergarten und ein Nähcenter, in dem einheimische Frauen lernen, Kleidung zu schneidern. „Das ist mitten im Busch“, erzählt Schwester Urbana. In Tabankulu sind zwei Ordensfrauen stationiert, die in der Gemeindeseelsorge mithelfen.
 
Seit Einführung des Noviziats 1969 wurden auch Afrikanerinnen in die Gemeinschaft der heiligen Kindheit Jesu aufgenommen. Sie machen heute rund ein Drittel der Schwestern in der Region Sankt Clara aus. 1995 wurde Schwester Gregoria Lutter zur Regionaloberin für den südafrikanische Ableger der Oberzeller Franziskanerinnen gewählt. Von den Pionierinnen leben heute die Schwestern Cäcilia Mergenthaler (79) und Godefrieda Miller (80) noch in Südafrika.
 
Beim Festakt am 8. Dezember in Südafrika werden aus dem Mutterhaus in Würzburg die Generaloberin Schwester Veridiana Dürr und ihre Mitschwester Paula Radach anwesend sein. Die Reise ist ein Dankeschön des Ordens an Schwester Paula. Sie hat seit Jahren die Pakete mit Kleidern und Spielsachen geschnürt, bevor sie gen Südafrika verschickt wurden. Zudem war sie als Chauffeurin vom und zum Flughafen beauftragt, wenn Besuch vom Schwarzen Kontinent kam.
 
(4702/1509)